Ausgangspunkt dieser Ausstellung ist die Bodenvertiefung für eine fürstliche Badewanne in einem der Ausstellungsräume, die an eine offene archäologische Grabung erinnert. Während diese bei den meisten Ausstellungen eher als Hindernis oder als Absonderlichkeit gesehen wird, ist sie bei unserem Projekt das Zentrum der Ausstellung: hier, so die fiktive Annahme, ist die geöffnete Grabstätte des Künstlers Wilhelm Busch, der immer noch von der idealen Landschaft träumt, die er Zeitlebens versuchte darzustellen.
Historischer Exkurs:
Wilhelm Busch (1832 – 1908) war Student an insgesamt drei Kunstakademien, Düsseldorf, Antwerpen und München. In Antwerpen bewunderte er die niederländische Malerei und zweifelte an seinem Talent. Diese Selbstzweifel an seinen malerischen Fähigkeiten überwand er nie, im Gegenteil: seine Bilder stapelte er häufig noch feucht in Ecken seines Ateliers aufeinander, so dass sie sich unlösbar miteinander verklebten. Wurden die Bilderstapel zu hoch, verbrannte er sie im Garten. Ein einziges Bild stellte er zu Lebzeiten aus. Mit seinem Ansatz draußen vor der Natur zu malen und seinem expressionistischen Pinselduktus war er seiner Zeit weit voraus; erst in den 10er und 20er Jahren des 20. Jahrhunderts haben die Expressionisten diese Malweise entdeckt.
Diese Tatsachen werfen eine Frage auf, die auch heute von großer Bedeutung ist, nämlich die Frage nach dem künstlerischen Selbstverständnis.
Eine Haltung zum eigenen Werk zu finden – von der erwähnten Zerstörung bei Wilhelm Busch bis hin zur völligen Selbstüberschätzung –, stellt bis heute ein zentrales Problem des Kunstschaffens dar und wird aus verständlichen Gründen so gut wie nie öffentlich thematisiert. Wenn Wilhelm Busch mit seinen autodestruktiven Verhalten den einen – kritischen – Pol verkörpert, lassen sich heute viele Beispiele des „Malerfürsten“ anführen, die von einer scheinbar grenzenlosen Egomanie angetrieben sind und deren Werke zu Aktien von Oligarchen werden: Jeff Koons, der 200 Angestellte beschäftigt, Damien Hirst mit seinem diamantenbesetzten Totenschädel, und viele andere mehr.
Darauf aufmerksam zu machen, ist eines der Anliegen der Ausstellung, aber nicht ihr einziges.
Das zweite Anliegen ist die Frage nach der idealen Landschaft: während die Skizzen Wilhelms Busch noch eine rein durch Landwirtschaft geprägte Landschaft zeigen, wird die Schaumburger Landschaft heute immer stärker durch das Eindringen der Industrie gekennzeichnet: seien es die riesigen Gewerbeflächen (z.B. Bantorf und Lauenau) , seien es die Windkraftanlagen oder die allgegenwärtigen Strommasten, die ihre Linien durch die Landschaft ziehen – die Frage nach der „idealen“ Landschaft, auch im Sinne der Klimaveränderung, ist dringlicher denn je.
Exponate für die Ausstellung
Im Zentrum der Ausstellung steht eine multimediale Installation bei dem fiktiven Grab Wilhelm Buschs, die mit zwei Projektoren (Videobeamer und Karusselldiaprojektor) reale Szenen einer Bildzerstörung zeigt, die in dem Verlauf des Films in gemalte und mit dem Computer generierte Landschaften übergeht.
Um diese zentrale Installation herum werden in den anderen Räumen Werkgruppen der beteiligten Künstler gehängt. Christoph Rust plant ein 6 Meter langes Bild, in dem er die Charakteristika der Schaumburger Landschaft im 21. Jahrhundert zeigt. Dagmar Tille wird sich in der Umgegend von Stadthagen und Wiedensahl auf Spurensuche für ihre Fotoarbeiten und Collagen begeben. Ihre Fotos reflektieren das, was sie einen erweiterten Landschaftsbegriff nennt, und brechen spielerisch mit romantisierenden Überhöhungen. In ihren Collagen setzt sie anknüpfend an die Kombination von Bild und Text in den Busch’schen Bildergeschichten, Bilder und typografische Zeichen nebeneinander. Lutz Wiedemann wiederum nähert sich dem Landschaftsbegriff als Bildhauer und Grafiker unter Einbeziehung der drei Raumdimensionen. Seinen Grafiken liegen oftmals digitale 3D-Modelle zu Grunde. Wie auch bei seinen Skulpturen entstehen im Widerstreit von Ähnlichkeit und Variation Landschaften oder naturhafte Wesen.
Während der Ausstellung sind unterschiedliche Formate geplant: Vorträge, Musik und ein Künstlergespräch.