Landschaft vs. Landschaft

Gelbbraun und Grün in Bewegungsunschärfe mit einem Weg in der Mitte

Heraus ins Offene

Malerei

Betrachtet man Landschaftsdarstellungen des ausgehenden Mittelalters, später die italienischen Landschaften des 17. Jahrhunderts oder eine romantische Seelenlandschaft mit ihrer Symbolik auf der einen und auf der anderen Seite den Ansatz, bei dem der Künstler Licht und Farbe in der Natur studiert oder seine ganz und gar individuelle und ganz und gar flüchtige und momentane Impression einer gegebenen Situation festhält (Claude Monet Impression: soleil levant), entdeckt man ein für Bildgestaltung wie Bildrezeption gleichermaßen bedeutendes Gegensatzpaar.

Da die Landschaft als Bedeutungsträger, der eine Art Symbolvorrat bietet, aus dem sich für das jeweilige Anliegen ideale – aber eben auch fiktive – Landschaften komponieren lassen. Und hier der zeichnende oder malende Mensch vor realer Landschaft, der sich der Aufgabe stellt, die Landschaft, das Licht zunächst möglichst detailgetreu wiederzugeben, bzw. später seinen Eindruck oder das Empfinden dabei möglichst authentisch oder ausdrucksvoll zu vermitteln. Und natürlich ist es hierfür von Vorteil, sich in die Natur, die Landschaft zu begeben. Also heraus ins Offene!

Fotografie

In der Landschaftsfotografie scheint diese Forderung nahezu unumgänglich. Und bei aller Sorgfalt, die der Bildaufbau, das Licht und gegebenenfalls auch die Inszenierung erfordern mögen, bleibt der fotografische Blick stets an einen dokumentarischen Moment gebunden: Zeigen was ist, den Moment festhalten oder sogar etwas sichtbar machen, was sich der menschlichen Wahrnehmung normalerweise entzieht – das kann Fotografie schließlich besonders gut.

Und dass sie das auch tut und will, setzen die meisten Betrachter voraus bzw. ist einer der ersten Schlüsse der Bildinterpretation. Doch dabei bleibt – etwas paradox – auch das Diktat des Schönen allgegenwärtig. Man weiß schließlich, was auf ein bestimmtes Bild gehört und was nicht. Was die ideale Landschaft stört, wenn sie der Erbauung dienen, als Sehnsuchtsraum, als Seelenlandschaft fungieren oder Bildbotschaften vermitteln soll. Also setzt sich, obwohl Fotografie streng genommen durch den Filter des technischen Mediums immer vor allem festhält, was ist (den Fall nachträglicher Manipulation ausgenommen), auch in der Landschaftsfotografie die oben beschriebene Dichotomie weiter fort. Nur ist das wegen des Rufs der Fotografie als unbestechliches dokumentarisches Medium manchmal gar nicht so leicht zu erkennen.

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